Was ist Psychotherapie
Psychotherapie ist eine Behandlungsform psychischer Gesundheitsstörungen, die mit Veränderungen des Verhaltens (z. B. Antriebslosigkeit) und Erlebens (z. B. Angst) eines Menschen einhergehen, mit Hilfe von Gesprächsmethoden, Übungen und kreativen Techniken, die darauf ausgerichtet sind, das Verhalten und Erleben der Betroffenen positiv zu beeinflussen und seelisches Leiden zu lindern.
Welche Psychotherapieverfahren gibt es?
Es gibt viele verschiedene Psychotherapieverfahren. In Deutschland sind gegenwärtig vier als sogenannte psychotherapeutische Richtlinienverfahren von den Krankenkassen anerkannt: Die Verhaltenstherapie VT, die tiefenpsychologisch-fundierte Psychotherapie TP, die Systemische Therapie ST und die Psychoanalyse PA. Darüber hinaus gibt es weitere, wissenschaftlich als wirksam anerkannte Verfahren, etwa die Gesprächspsychotherapie oder die Hypnotherapie.
Welches Psychotherapieverfahren ist für mich das beste?
Die vier von den Krankenkassen anerkannten Verfahren haben ihre Wirksamkeit in klinischen Untersuchungen bewiesen. Prinzipiell können alle psychischen Erkrankungen mit diesen Verfahren behandelt werden. Welches Verfahren für Ihre individuelle Problematik am geeignetsten ist, muss im Rahmen eines Vorgesprächs (Psychotherapeutische Sprechstunde) geklärt werden. Die Verhaltenstherapie (VT) gilt als besonders wirksames Verfahren. Die Tiefenpsychologie (TP) nimmt die biografischen Erfahrungen, die Systemische Therapie (ST) das Beziehungsgeflecht eines Menschen stärker in den Blick. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer Psychotherapie ist jedoch vor allem die gute, vertrauensvolle und tragfähige Beziehung zwischen Patient und Psychotherapeut. Dies wurde in Therapievergleichsstudien wiederholt belegt.
Was ist der Unterschied zwischen Psychologe und Arzt oder wie wird man Psychotherapeut?
Psychologen haben Psychologie studiert (Abschluss: Diplom, „Dipl.-Psych.“ oder Master of Science, „M. Sc.“). Psychologie („Seelenkunde“) ist die Lehre vom Erleben und Verhalten des Menschen. Psychologen arbeiten in Wirtschaftsunternehmen, an Schulen und im Klinischen Bereich (Krankenhaus, Praxis, Beratungsstelle). Klinisch tätige Psychologen können nach dem Studium eine berufsbegleitende Ausbildung zum Psychotherapeuten (Approbation als Psychologischer Psychotherapeut) absolvieren. Aktuell wird diese dem medizinischen Facharzt vergleichbare Qualifikation in das Psychologiestudium integriert, so dass man direkt Psychotherapie (Master of Science) studieren kann.
Ärzte haben Medizin (Humanmedizin) studiert (Abschluss: medizinisches Staatsexamen, Approbation als Arzt/Ärztin). Ärzte absolvieren nach dem Studium meistens eine Facharztweiterbildung. Folgende Facharztweiterbildungen beinhalten Psychotherapie: Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, FA für Psychosomatische Medizin, FÄ für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Darüber hinaus können auch Fachärzte anderer Richtungen (z. B. Allgemeinmediziner) eine Weiterbildung absolvieren und Ärztliche Psychotherapeuten werden. Nur ärztliche Psychotherapeuten dürfen psychisch wirksame Medikamente (Psychopharmaka) verordnen.
Was ist der Unterschied zwischen Psychiater und Psychotherapeut?
Ein Psychotherapeut ist ein studierter Psychologe oder Arzt mit einer mehrjährigen zusätzliche Ausbildung zur Diagnostik und Behandlung psychischer Erkrankungen mit psychotherapeutischen (nicht-medikamentösen) Methoden. Man unterscheidet daher Ärztliche Psychotherapeuten (die zunächst Medizin studiert haben) von Psychologischen Psychotherapeuten (die vorher Psychologie studiert haben).
Ein Psychiater ist im Gegensatz dazu immer ein Arzt, der eine Facharztweiterbildung in „Seelenheilkunde“ absolviert hat. Er behandelt psychische Störungen sowohl mit psychisch wirksamen Medikamenten (Psychopharmaka) als auch mit Gesprächen.
Heilpraktiker für Psychotherapie sind weder das eine noch das andere: Sie haben in aller Regel weder Medizin noch Psychologie studiert und dürfen sich deshalb nicht Psychotherapeutin oder Psychotherapeut nennen. Sie sind meistens selbst zu bezahlen.
Wie finde ich einen Psychotherapeuten?
Oft beginnt die Suche nach einem Therapieplatz mit dem Rat des Hausarztes oder eines Facharztes, eine Psychotherapie zu machen. In diesem Fall können Sie gleich dort nach einer Empfehlung fragen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) oder der Psychotherapeutenkammer Ihres Bundeslandes sowie bei Ihrer Krankenkasse nachzufragen. Dort gibt es entsprechende Listen. Eine Direktsuche im Internet („Googlen“) kann ebenfalls zum Erfolg führen. Leider sind immer noch zu wenige Kolleginnen und Kollegen mit einer eigenen Homepage online. Zudem ist bei manchen Netzfunden nicht gleich klar, welche Qualifikation die Person hat und ob die Therapie von der Krankenkasse bezahlt werden würde (erfordert eine sog. Kassenzulassung des Therapeuten). Daher sollten Sie bei einer Internetsuche am besten auf spezialisierte Suchdienste zurückgreifen, wie z. B. Psychinfo (https://psych-info.de), wo Sie gleich entsprechende Filterkriterien setzen können.
Warum ist es so schwierig, einen Therapieplatz zu bekommen?
Das hat verschiedene Gründe: Für Psychotherapeuten wie für Fachärzte gibt es eine Niederlassungsbeschränkung. Das heißt, die Anzahl der sog. Kassensitze in einem Versorgungsgebiet ist zahlenmäßig beschränkt. Weil die zugrundeliegenden Daten zu Erkrankungshäufigkeit und den bereits vorhandenen Praxen veraltet sind, ist seit Jahren die Nachfrage nach Therapieplätzen viel größer, als das Angebot. Hinzu kommt eine deutliche Zunahme des Bedarfs an Psychotherapie, z. B. durch Corona, und eine vermehrte Akzeptanz von Psychotherapie und psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung. Da Psychotherapie eine zeitgebundene Leistung ist (i. d. R. 50 min pro Sitzung), lässt sich der Durchlauf in einer Praxis kaum steigern. Außerdem erfordern psychische Veränderungsprozesse Zeit, so dass Behandlungszeiten von einem Jahr und mehr die Regel sind.
Wie komme ich an einen Therapieplatz?
Eins vorab: Richten Sie sich auf eine langwierige und oft frustrierende Suche ein! Stellen Sie eine Liste der Telefonnummern, Telefonzeiten und Emailadressen der für Sie passenden Psychotherapeutinnen zusammen. Versuchen Sie, die Kolleginnen und Kollegen in den jeweiligen Sprechzeiten persönlich zu erreichen. (Anrufbeantworter-Nachrichten werden oft nicht beantwortet.) Notieren Sie sich – auch bei einer Absage – Datum und Uhrzeit des Anrufs sowie das Ergebnis. Fragen Sie z. B. auch, ob und wann es Sinn machen würde, sich wieder zu melden. Schreiben Sie sich die Praxen, die Sie erneut anrufen wollen, in Ihren Kalender. Ihr Ziel sollte es sein, auf eine oder mehrere Wartelisten aufgenommen zu werden oder ein Erstgespräch erreichen.
Was bringt die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung?
Durch gesetzliche Änderungen haben Sie seit 2017 Anspruch auf einen Facharzttermin innerhalb von vier Wochen. Dies gilt auch für Psychotherapeuten. Unter der Rufnummer 116 117 können Sie darum bitten, einer Psychotherapeutin zugewiesen zu werden. Dabei haben Sie keine Wahlmöglichkeit hinsichtlich Person oder Ort. Die Anrufer werden auf die niedergelassenen Psychotherapeuten gleichmäßig verteilt. Zudem haben Sie nur Anspruch auf eine einmalige Untersuchung und Beratung (sog. Psychotherapeutische Sprechstunde). Werden Sie einer Psychotherapeutin zugewiesen, deren Praxis voll ist, wird es auch bei diesem einmaligen Termin bleiben. Daher ist meine Empfehlung, nicht bei der Terminservicestelle anzurufen, sondern sich selbst um einen freien Therapieplatz zu bemühen.
Wer bezahlt die Psychotherapie?
Psychotherapie ist eine Behandlungsleistung, die grundsätzlich von Ihrer Krankenversicherung übernommen wird. Schwierigkeiten kann es geben, wenn der Psychotherapeut keine Kassenzulassung hat (z. B. Heilpraktiker oder Privatpraxis) oder ein Psychotherapieverfahren anbietet, das nicht im Leistungskatalog der Kassen enthalten ist (z. B. Gestalttherapie). Auch wenn Sie in den vergangenen zwei Jahren bereits eine Psychotherapie hatten, können gesetzlich Versicherte nicht ohne Weiteres erneut eine Psychotherapie beginnen.
Wie lange dauert eine Psychotherapie?
Die Dauer einer Psychotherapie hängt von der Art und Schwere der behandelten Erkrankung und vom Therapiefortschritt ab. Eine Verhaltenstherapie dauert zwischen 2x 12 (Kurzzeittherapie) und 60 Sitzungen (Langzeittherapie). Im Einzelfall kann auf besonderen gutachterpflichtigen Antrag eine Verlängerung auf 80 Sitzungen sinnvoll sein. Da die Sitzungen anfangs wöchentlich, später zweiwöchentlich und zuletzt auch monatlich stattfinden, dauert eine Kurzzeittherapie bis zu einem Jahr. Das Therapieende kann bei entsprechendem Behandlungserfolg auch früher vereinbart werden. Langzeittherapien können zwei Jahre und mehr dauern. Hier besteht auch die Möglichkeit einer Therapieunterbrechung (bis zu sechs Monaten) oder die Umwandlung der Reststunden in eine Rezidivprophylaxe (zur Verhinderung von Verschlechterung).
Wie lange dauert eine Psychotherapiesitzung?
Eine Therapiesitzung dauert in der Regel 50 Minuten. Die Sitzungen können jedoch auch halbiert (25 min) oder gebündelt (100 min und mehr) werden. Maßgeblich ist die Belastbarkeit des Patienten bzw. der geplante Therapieinhalt (z. B. Bearbeitung eines stark emotional besetzten Themas; Übungen außer Haus in Begleitung des Therapeuten).
Sind Hausbesuche möglich?
Hausbesuche sind grundsätzlich möglich, wenn Patienten die Praxis nicht aufsuchen können.
Kann Psychotherapie auch als Videositzung durchgeführt werden?
Grundsätzlich wird immer der persönliche Kontakt bevorzugt. In Ausnahmefällen kann eine Therapie auch als Videobehandlung durchgeführt werden. Ausgeschlossen ist die Videobehandlung bei Vorgesprächen (Psychotherapeutische Sprechstunden, Probatorische Sitzungen), Psychotherapeutischer Akutbehandlung sowie Gruppenbehandlungen.
Unterliegen Psychotherapeuten der Schweigepflicht?
Ja. Die Inhalte der Therapiegespräche, die gestellten Diagnosen und die Persönlichen Daten der Patientinnen und Patienten unterliegen dem Datenschutz. Es besteht eine strenge Schweigepflicht gegenüber Dritten. Für die Abrechnung werden nur die Diagnose- und Leistungsdaten über gesicherte Leitungen an die Krankenversicherung übermittelt.
Was passiert in den ersten Sitzungen oder was ist die Probatorik?
Es gibt zwei Arten von Vorgesprächen vor den eigentlichen Therapiesitzungen: Zuerst erhalten Sie ein bis maximal drei Psychotherapeutische Sprechstunden. Dabei wird eine erste Einschätzung Ihrer Symptomatik vorgenommen, der Therapiebedarf ermittelt und eine Empfehlung zur Behandlung gegeben (z. B. welches Psychotherapieverfahren, ambulant oder stationär, weitere Maßnahmen). Danach folgt die sogenannte Probatorik mit bis zu vier probatorischen Sitzungen. Sie dienen dazu, dass Patient und Psychotherapeut sich besser kennen lernen und feststellen, ob sie längerfristig vertrauensvoll miteinander arbeiten können. Noch während der probatorischen Sitzungen wird dann ein entsprechendes Stundenkontingent (VT Kurzzeittherapie 2x 12, VT Langzeittherapie 60 Sitzungen) beantragt. Sollte die persönliche Passung nicht stimmen, können auch weitere Vorgespräche bei einer anderen Psychotherapeutin geführt werden.
Warum muss die Psychotherapie bei der Krankenkasse beantragt werden?
Psychotherapie ist eine genehmigungspflichtige Leistung der Krankenkassen und muss grundsätzlich bei der Krankenversicherung bzw. der Beihilfestelle beantragt werden. Diese erteilt daraufhin die Genehmigung für ein begrenztes Stundenkontingent bei dem jeweiligen Psychotherapeuten. Auf Antrag können die genehmigten Stunden auch auf eine andere Psychotherapeutin übertragen werden. Im Falle einer Langzeittherapie wird von der Krankenkasse ein externer Gutachter mit der Prüfung des Antrages beauftragt (Gutachterverfahren).
Wie funktionieren Therapieverlängerung und Gutachterverfahren?
Bei Therapieverlängerungen wird Ihr Fall als Behandlungsbericht anonymisiert und unter einer Chiffre einem Fachgutachter zur Entscheidung vorgelegt. Dieser Bericht enthält Angaben über die Diagnosen, den psychischen Befund und die lebensgeschichtliche Entwicklung des Patienten, über die Störungsentstehung sowie über das bisherige und noch geplante therapeutische Vorgehen. Die Krankenkasse erhält dabei keinen Einblick in diesen Bericht. Er wird in einem verschlossenen Umschlag mit dem Psychotherapieantrag an die Krankenkasse geschickt, die ihn an den Gutachter weiterleitet. Die Krankenkasse erhält (außer der Diagnose) keine Informationen aus dem Bericht und der Gutachter erfährt durch die Chiffrierung und Anonymisierung keine persönlichen Daten zu dem betreffenden Patienten. Bei Selbstzahlern kann die Behandlung ganz ohne die genannte Datenweitergabe erfolgen.
Kann ich trotz einer früheren Psychotherapie eine private Versicherung bekommen oder verbeamtet werden?
Vor einer Verbeamtung wird durch den Amtsarzt geprüft, ob Gesundheitsstörungen vorliegen oder in der Vergangenheit vorlagen, die es wahrscheinlich machen, dass Sie Ihren dienstlichen Aufgaben nicht vollumfänglich werden nachkommen können. Es geht also um eine Wahrscheinlichkeitsabschätzung für die Zukunft. Gleiches gilt für private Kranken-, Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen. Bei früheren psychischen Erkrankungen und psychotherapeutischen Behandlungen kommt es daher darauf an, welche Diagnose vorlag, ob Medikamente eingenommen wurden oder werden und wie lange die (erfolgreiche) Behandlung zurückliegt. Grundsätzlich gilt im Beamtenrecht, dass Sie aufgrund einer Krankheit oder Behinderung nicht diskriminiert werden dürfen. In der privaten Versicherungswirtschaft haben die Gesellschaften jedoch das Recht, aufgrund einer Risikoanalyse Antragsteller auch abzulehnen.